Infolge einer Vielzahl von Gesetzesänderungen erscheint es angebracht, die Haftungsrisiken des GmbH Geschäftsführers im Falle der Krise der GmbH neu zu beleuchten, wobei bei folgenden Ausführungen nicht der Anspruch auf Vollständigkeit erhoben wird.
Unter einer Außenhaftung versteht man die Haftung des Geschäftsführers Dritten gegenüber, also nicht gegenüber der GmbH bzw. den Gesellschaftern.
1. Nach § 15 a Abs. 1 InsO ist der Geschäftsführer verpflichtet, unverzüglich nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und/oder der Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen. Lediglich wenn berechtigte Aussichten für eine Abwendung der Insolvenz bestehen, hat er drei Wochen Zeit, die GmbH zu sanieren.
Die Zahlungsunfähigkeit ist im § 17 InsO definiert. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH ZIP 163, 134) ist von einer Zahlungsunfähigkeit auszugehen, wenn eine Liquiditätslücke im Rahmen des aufzustellenden Liquiditäts- und Zahlungsplans entsteht, die zu mehr als 10 % Ausfall führt. Dahingegen spricht man lediglich von einer Zahlungsstockung, wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die notwendigen Mittel zu leihen. Dieser Zeitraum darf aber nicht mehr als drei Wochen überschreiten (BGH ZIP 2005, 1426 ff.).
Im Ergebnis heißt das: Beträgt eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners zehn oder mehr Prozent der fälligen Gesamtverbindlichkeiten, so besteht eine Insolvenzantragspflicht, da von einer Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist. Der Begriff „Überschuldung“ ist im § 19 InsO definiert. Der BGH hat dies folgendermaßen entschieden(BGH vom 27.04.2009, Aktenzeichen: II ZR 253/07): Maßgebend für die Frage der Überschuldung ist die Handelsbilanz. Soweit diese einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag ausweist, ist zu überprüfen, ob stille Reserven oder sonstige aus der Handelsbilanz nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind. Im Falle eines Streites müssen diese Vermögenswerte von dem Geschäftsführer nachgewiesen werden.
Diese Ergänzung der Handelsbilanz wird Überschuldungsbilanz genannt. Eine solche Überschuldungsbilanz ist nach den Vorgaben des IDW aufzustellen. Auf der Passivseite sind sämtliche wahren Verbindlichkeiten aufzunehmen. Weiterhin sind die Abwicklungskosten zu passivieren. Infolge der Bankenkrise wurde bis zum 31.12.2013 der Überschuldungsbegriff zweistufig aufgebaut. Er endet daher mit der Fortführungsprognose. Zusätzlich zu der Überschuldungsbilanz ist daher die Frage der positiven Fortführung zu überprüfen und ggf. durch eine Planbilanz und eine Plan-GuV darzulegen. Soweit die Fortführungsprognose positiv ist, liegt keine Überschuldung vor.
Verstößt der Geschäftsführer gegen diese Insolvenzantragspflicht, haftet er den Gläubigern gegenüber, die nach der Insolvenzantragspflicht neue Forderungen begründet haben - soweit der Geschäftsführer dies zugelassen hat- auf Schadensersatz. Zu ersetzen ist der Schaden, der diesen entstanden ist, wenn der Geschäftsführer verspätet oder gar keinen Insolvenzantrag gestellt hat.
Unter Innenhaftung versteht man die Haftung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH und/oder den Gesellschaftern, die in der Regel vom Insolvenzverwalter nach Insolvenzeröffnung geltend gemacht werden kann.Eine Innenhaftung kann sich allerdings zu einer Außenhaftung entwickeln, wenn ein Drittgläubiger im Falle der Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse die Ansprüche der GmbH gegen den Geschäftsführer pfändet und sich überweisen lässt.
Zur Pflicht des Geschäftsführers gehört es gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG, dafür Sorge zu tragen, dass die Einzahlung auf das Stammkapital von den Gesellschaftern angefordert und diese Forderung gegenüber den Gesellschaftern auch nicht verjährt.
Nach der Änderung des GmbHG (MoMiG) besteht die Möglichkeit, dass auch Stammkapital an die Gesellschafter zurückbezahlt wird. Hierbei muss der Geschäftsführer allerdings gemäß § 19 Abs. 4 und5 GmbHG darauf achten, dass der Rückforderungsanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter vollwertig ist. Will der Geschäftsführer also nach der Neuregelung des GmbHG erlaubterweise dem Gesellschafter aus dem gebundenen Vermögen der GmbH ein Darlehen geben (§ 30 Abs. 2 Satz 2 GmbHG), ist er verpflichtet, die Vollwertigkeit der Rückgewährsansprüche zuverlässig zu prüfen und laufend etwaige Änderungen in dem Kreditrisiko zu überwachen und insbesondere die Bonität des Gesellschafters und die Möglichkeit der Kündigung des Darlehens oder der Anforderung weiterer Sicherheiten zu überprüfen und entsprechend zu reagieren. Verletzt der Geschäftsführer diese Pflicht, ist er gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG gegenüber der GmbH schadensersatzpflichtig.
Insbesondere im Rahmen des Cash-Poolings kann für den Geschäftsführer hier ein erhebliches Problem entstehen. Nach § 43 a GmbHG dürfen Geschäftsführern oder anderen Führungspersonen in einer GmbH keine Darlehen aus dem zum Erhalt des Stammkapitals erforderlichen Vermögen gewährt werden. Bei einem Verstoß ist auch hier der Geschäftsführer gegenüber der GmbH schadensersatzpflichtig.
Nach §§ 64 Satz 1 und 2 GmbHG, 130 a Abs. 1 und 2, 177 a HGB ist der Geschäftsführer gegenüber der GmbH zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung geleistet wurden, soweit die Zahlungen nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters entsprechen. Diese Ansprüche greifen im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder können im Falle der Ablehnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse von Gläubigern gepfändet und geltend gemacht werden. Die Norm des § 64 GmbHG dient zugleich der gleichmäßigen und ranggerechten Befriedigung der Gläubiger im Rahmen der Insolvenz und soll eine Masseschmälerung verhindern.
Es ist daher in der Literatur anerkannt, dass hierunter nicht nur Geldabflüsse fallen, sondern auch sonstige Vermögensschmälerungen, bspw. durch Vermögenstransfers. Folgende Zahlungsveranlassungen können hierunter subsummiert werden:
Diese Zahlungsverbote gelten ab dem Eintritt der materiellen Insolvenzreife, nicht also erst am Ende der Insolvenzantragsfrist (BGH ZIP 2009, 860). Verboten sind aber nur solche Zahlungen, die zu einer Verkürzung der dem Gläubiger zur gleichmäßigen Befriedigung zur Verfügung stehenden Haftungsmasse führen. Dies ist wirtschaftlich zu betrachten. Soweit die Zahlungen eine wertdeckende Gegenleistung zugunsten der Masse erbringen, sind solche nicht verboten.
Auch Zahlungen aus einem debitorischen Konto fallen nicht unter den Schutz des § 64 Abs. 2 GmbHG, da insoweit lediglich ein masseneutraler Gläubigeraustausch stattfindet. Die Haftung des Geschäftsführers setzt ein Verschulden voraus. Hierzu muss der Geschäftsführer eine Zahlung veranlassen und die Zahlung muss ihm zurechenbar sein. Ein Kontenpfändung durch einen Gläubiger fällt nicht unter diese Problematik. Die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes wird eingehalten beiDies gilt jedoch nur bei einer ernsthaften Sanierung oder einer ernsthaften später erwarteten Veräußerung im Insolvenzfall.
Nach §§ 43 Abs. 2, 49 Abs. 3 GmbHG ist der Geschäftsführer verpflichtet, bei Verlust der Hälfte des Stammkapitals unverzüglich eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Stille Reserven sind bei der Beurteilung der Vermögenssituation nach herrschender Meinung nicht zu berücksichtigen (BGH WM1958, 1416). Diese Einberufungspflicht entsteht nicht erst nach Aufstellung der Bilanz, sondern auch zwischenzeitlich, da der Geschäftsführer die Vermögenssituation des Unternehmens laufend im Blick zu halten hat. Diese Verpflichtung zur Einberufung der Gesellschafterversammlung entfällt nur dann, wenn sämtliche Gesellschafter auch Geschäftsführer sind und das Thema bekannt ist. Soweit der Geschäftsführer gegen die Pflicht zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung verstößt und der Gesellschaft dadurch ein Schaden entstanden ist, da beispielsweise die Gesellschafter auf die Problematik der Verluste nicht hingewiesen wurden und so Sanierungsmaßnahmen nicht ergreifen konnten, ist der Geschäftsführer der GmbH gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet.
Soweit der Geschäftsführer eine Maßnahme ergreift, die für die GmbH existenzvernichtenden Charakter hat und die nicht mit der Sorgfalt eines sorgfältigen Kaufmannes gedeckt ist, haftet er der GmbH gegenüber für die Schäden gem. §§ 826, 830 BGB. Nach § 64 Abs. 3 GmbHG haftet der Geschäftsführer für solche Zahlungen an Gesellschafter, die die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft erst herbeiführen. Auch dies ist ein akuter Fall des existenzvernichtenden Eingriffs, der nunmehr im GmbHG geregelt ist.
Gemäß § 266 a StGB ist der Geschäftsführer verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge an die zuständigen Sozialversicherungsträger abzuführen. Verstößt er dagegen, macht er sich strafbar und gegenüber der GmbH und den Sozialversicherungsträger schadensersatzpflichtig.Abzuführen sind allerdings lediglich die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, nicht die Arbeitgeberanteile. Leistet der Geschäftsführer im Rahmen einer Krise Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitnehmer, liegt kein Verstoß gegen§ 64 Abs. 3 GmbHG vor, auch wenn er in diesem Falle die Sozialversicherungsträger besser behandelt als sonstige Gläubiger Hintergrund dieser Regelung ist, dass sich der Geschäftsführer ansonsten strafbar machen würde. Zahlt der Geschäftsführer dagegen die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, kann er wiederum der GmbH gemäß § 63 Abs. 3 GmbHG schadensersatzpflichtig sein, da er in diesem Falle die Sozialversicherungsträger zu Unrecht den Gläubiger bevorzugt. Der Geschäftsführer muss im Rahmen einer Krise also darauf achten, dass unbedingt die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung auch abgeführt werden. Es genügt auch nicht, wenn einfach die Bruttolöhne gemindert werden. Vielmehr muss in diesem Falle auch die Meldung an die Sozialversicherung entsprechend korrigiert werden.
Der Geschäftsführer ist verpflichtet, die Lohnsteuer für den Arbeitnehmer von dessen Bruttolohn einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Die Lohnsteuer wird behandelt wie Gelder des Arbeitnehmers. Aus diesem Grunde ist der Geschäftsführer auch im Rahmen der Krise verpflichtet, diese Lohnsteuer an das Finanzamt abzuführen. Verstößt er hiergegen ist er gegenüber dem Finanzamt schadensersatzpflichtig. Im Rahmen der Krise ist es hier allerdings möglich, die Bruttolöhne zu senken und von diesen gesenkten Bruttolöhnen die neu zu ermittelnde Lohnsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Ist es dem Geschäftsführer also nicht möglich, den vollen Lohn auszubezahlen, muss er von dem verminderten Lohn die sich daraus errechnende Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen.
Der Geschäftsführer ist verpflichtet, die Gläubiger gleich zu behandeln. Ist nicht genügend Geld vorhanden, muss er die Gläubiger quotal bedienen. Dies gilt auch für das Finanzamt im Rahmen der Umsatzsteuer. Verstößt er hiergegen, haftet er dem Finanzamt gegenüber auf Schadensersatz, allerdings nur in Höhe der Quote. Es ist also zu ermitteln, wie hoch die liquiden Mittel sind. Die fälligen Forderungen sind demgegenüber zu stellen, so dass eine Quote ermittelt werden kann. Umstritten und problematisch ist die Mitwirkungspflicht des Geschäftsführers und/oder des Insolvenzverwalters gegenüber dem Finanzamt zur Ermittlung der Quote für den Schadensersatz. Der Geschäftsführer wird regelmäßig sagen können, dass ihm eine Mitwirkung nicht möglich ist, da sich die Unterlagen beim Insolvenzverwalter befinden. Der Insolvenzverwalter ist nach herrschender Ansicht nicht verpflichtet, gegenüber dem Finanzamt unterstützend tätig zu sein. Es ist nicht Aufgabe des Insolvenzverwalters, dafür Sorge zu tragen, dass das Finanzamt Schadensersatzansprüche gegenüber einen Geschäftsführer durchsetzen kann.