Rechnungen und Vorsteuerabzug


  1. Bedeutung der Rechnung für den Vorsteuerabzug
  2. Begriff und Form der Rechnung
    1. Begriff der Rechnung
    2. Form der Rechnung
    3. Verpflichtung zur Erstellung der Rechnung
  3. Pflichtangaben in der Rechnung
    1. Anschrift und Name des leistenden Unternehmers
    2. Name und Anschrift des Leistungsempfängers
    3. Angabe der Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
    4. Rechnungsdatum
    5. Fortlaufende Rechnungsnummer
    6. Beschreibung der erbrachten Leistung
    7. Zeitpunkt der Leistung
    8. Entgelt
    9. Steuersatz und Steuerbetrag
  4. Besonderheiten
    1. Kleinbetragsrechnungen
    2. Fahrausweise
    3. Gutschriften
    4. Verträge über Dauerleistungen als Rechnungen
    5. Anzahlungen
    6. Organschaften
    7. Reverse Charge (Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers)
  5. Fehlerhafte Rechnungen und Berichtigung
    1. Folgen fehlerhafter Rechnungen
    2. Berichtigung
  6. Aufbewahrung von Rechnungen

I.Bedeutung der Rechnung für den Vorsteuerabzug

Ein Unternehmer kann die ihm in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, wenn die Leistung für sein Unternehmen erbracht worden ist und eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Der Vorsteuerabzug ist dann in dem Voranmeldungszeitraum (Monat oder Quartal) möglich, in dem die Rechnung vorliegt.
Der Vorsteuerabzug ist außerdem möglich, wenn der Unternehmer vor Leistungserbringung aufgrund einer ordnungsgemäßen Rechnung eine Anzahlung leistet (s. Kap. IV. 5.). Ist die Rechnung nicht ordnungsgemäß, weil bestimmte Pflichtangaben fehlen oder unzutreffend sind, ist der Vorsteuerabzug gefährdet.
Die Finanzämter prüfen im Rahmen von Außenprüfungen oder Umsatzsteuer-Sonderprüfungen sehr gründlich, ob die Rechnungen alle Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug erfüllen. Ist dies nicht der Fall, droht eine Rückforderung der geltend gemachten Vorsteuer sowie eine Verzinsung der Steuernachzahlung von 6 % pro Jahr.

II. Begriff und Form der Rechnung

  1. 1. Begriff der Rechnung
    Unter einer Rechnung versteht man jedes Dokument, mit dem über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird. Es kommt nicht darauf an, ob dieses Dokument als Rechnung bezeichnet wird. Als Rechnung ist daher auch ein Vertrag anzusehen, der die erforderlichen Angaben enthält, z. B. ein Wartungsvertrag, in dem das Wartungsentgelt und die gesonderte Umsatzsteuer ausgewiesen werden sowie die weiteren Pflichtangaben enthalten sind; zu Verträgen bei Dauerleistungen vgl. Kap. IV. 4. Keine Rechnungen sind jedoch Papiere, die ausschließlich den Zahlungsverkehr betreffen, z. B. Mahnungen oder Kontoauszüge. Dies gilt selbst dann, wenn sie alle erforderlichen Pflichtangaben enthalten. Auch Lieferscheine sind keine Rechnungen. Eine Rechnung kann aus mehreren Dokumenten bestehen. Allerdings muss dann in einem der Dokumente das Entgelt und der hierauf entfallende Umsatzsteuerbetrag zusammengefasst angegeben werden; zudem sind in diesem Dokument alle anderen Dokumente zu bezeichnen, aus denen sich die übrigen Pflichtangaben ergeben. Rechnet eine Bank über ihre Leistungen mittels Kontoauszug ab, gilt der Kontoauszug als Rechnung.
  2. 2. Form der Rechnung
    Rechnungen können auf Papier oder per Telefax oder auch – mit Zustimmung des Leistungsempfängers – elektronisch übermittelt werden, z. B. per E-Mail. An die Zustimmung bei einer elektronischen Übermittlung sind keine hohen Anforderungen zu stellen: Es genügt ein allgemeines Einvernehmen zwischen Leistungsempfänger und Rechnungsaussteller, dass die Rechnung elektronisch übermittelt wird. Dieses Einvernehmen kann etwa aufgrund einer Rahmenvereinbarung oder aber auch nachträglich erteilt werden.
    Es genügt sogar eine stillschweigende Handhabung. Wichtig ist allerdings, dass die Rechnung bei einer elektronischen Übermittlung bestimmten technischen Anforderungen entspricht: So muss die elektronische Rechnung entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur mit Anbieter-Akkreditierung nach dem Signaturgesetz versehen werden oder im Wege des EDI-Verfahrens (Elektronischer Datenaustausch gemäß den europarechtlichen Vorgaben) übermittelt werden.
  3. 3. Verpflichtung zur Erstellung der Rechnung
    Der leistende Unternehmer ist aufgrund des Vertragsverhältnisses zivilrechtlich verpflichtet, eine ordnungsgemäße Rechnung auszustellen. Erfüllt er diese Verpflichtung nicht, kann der Leistungsempfänger seinen Anspruch auf Erteilung einer Rechnung vor dem Amts- oder Landgericht durchsetzen.
    Zwar besteht in bestimmten Fällen auch aufgrund des Umsatzsteuergesetzes eine Verpflichtung des leistenden Unternehmers zur Rechnungserteilung. Diese umsatzsteuerliche Verpflichtung ist für den Leistungsempfänger aber nicht einklagbar, sondern betrifft nur das Verhältnis zwischen dem leistenden Unternehmer und dem Finanzamt.

III. Pflichtangaben in der Rechnung

  1. 1. Anschrift und Name des leistenden Unternehmers
    Der leistende Unternehmer (Rechnungsaussteller) muss in der Rechnung seinen vollständigen Namen und seine vollständige Anschrift angeben. Diese Angaben müssen eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des leistenden Unternehmers ermöglichen. Zulässig sind auch Abkürzungen, Buchstaben, Zahlen oder Symbole, wenn ihre Bedeutung in der Rechnung oder aber in anderen Unterlagen eindeutig festgelegt ist. Handelt es sich bei dem leistenden Unternehmer um eine GmbH in Gründung, muss sich aus der Rechnung ergeben, dass sich die GmbH noch in Gründung befindet, z. B. durch einen Zusatz „i.G.“. Anderenfalls ist die Rechnung fehlerhaft. Der Vorsteuerabzug ist zu versagen, wenn es sich um Leistungen eines Scheinunternehmers handelt, der nur über einen sog. „Briefkasten-Sitz“ verfügt; denn eine solche Anschrift ist fehlerhaft. Hinweis Ihres Steuerberaters: Der Leistungsempfänger trägt die Beweislast dafür, dass Anschrift und Adresse des Rechnungsausstellers bei Ausführung der Leistung und Rechnungsausstellung tatsächlich bestanden haben. Es ist also seine Aufgabe, sich über die Richtigkeit der Angaben in der Rechnung zu vergewissern.
  2. 2. Name und Anschrift des Leistungsempfängers
    Ebenso muss die Rechnung den vollständigen Namen und die Anschrift des Leistungs- und Rechnungsempfängers enthalten. Statt der Anschrift genügt aber ein Postfach oder eine Großkundenadresse, falls diese vorhanden sind. Insbesondere Kapital- und Personengesellschaften sollten genau darauf achten, dass sie – und nicht ihre Gesellschafter – in der Rechnung als Leistungsempfänger bezeichnet werden. Auch muss die Rechtsform der Gesellschaft genau bezeichnet werden, falls sich bei Angabe einer anderen Rechtsform eine Verwechselungsgefahr ergeben könnte. Beispiel: Die Müller & Schmidt OHG erhält eine Lieferung. Die Rechnung lautet jedoch auf Herrn Müller. Damit liegt keine ordnungsgemäße Rechnung vor, weil der Leistungsempfänger die Müller & Schmidt OHG war. Beispiel: Neben der Müller & Schmidt OHG sind die beiden Gesellschafter auch an der Müller & Schmidt GmbH beteiligt. Für eine Lieferung an die Müller & Schmidt OHG wird eine Rechnung an die Müller & Schmidt GmbH ausgestellt. Die Rechnung ist wegen der falschen Rechtsformangabe fehlerhaft und kann zu einer Verwechselung beider Unternehmen führen. Probleme können sich auch ergeben, wenn die Rechnung zwar den zutreffenden Namen des Leistungsempfängers nennt, aber mit dem Zusatz „c/o“ an einen Dritten adressiert ist. Die Anschrift des Dritten gilt nur dann als betriebliche Anschrift des Leistungsempfängers, wenn er unter der „c/o“-Anschrift über eine Zweigniederlassung, eine Betriebsstätte oder einen Betriebsteil verfügt.
  3. 3. Angabe der Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
    In der Rechnung muss entweder die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers angegeben werden. Leistet der Rechnungsaussteller im eigenen Namen und vermittelt er einen Umsatz in fremdem Namen und für fremde Rechnung, z. B. als Tankstellenbetreiber oder als Reisebüro, müssen beide Steuernummern bzw. Umsatzsteuer-Identifikationsnummern angegeben werden, also die eigene und die des Mineralölunternehmens oder Reiseunternehmens.
  4. 4. Rechnungsdatum
    Die Rechnung muss ein Rechnungsdatum (Ausstellungsdatum) ausweisen.
  5. 5. Fortlaufende Rechnungsnummer
    Das Erfordernis einer fortlaufenden Rechnungsnummer soll sicherstellen, dass die Rechnung einmalig ist. Auf welche Weise die Rechnungsnummer erstellt wird, ist unerheblich: So ist z. B. eine Kombination von Buchstaben und Zahlen zulässig. Der Rechnungsaussteller kann auch mehre sog. Nummernkreise für zeitlich, geografisch oder organisatorisch abgegrenzte Bereiche schaffen, indem er z. B. für bestimmte Kundenkreise, Länder oder Zeiträume einen Zusatz zur Rechnungsnummer bildet. Beispiel: U fängt jedes Quartal mit der Rechnungsnummer 1 an, fügt aber je nach Quartal eine I, II, III oder IV sowie das Jahr hinzu. Die Rechnungsnummer muss zwar fortlaufend sein, aber nicht lückenlos. Dies gilt auch bei der Verwendung von Nummernkreisen, die ebenfalls nicht zwingend lückenlos sein müssen.
  6. 6. Beschreibung der erbrachten Leistung
    In der Rechnung muss im Fall einer Warenlieferung die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände, d. h. die Menge und Art, genannt werden. Bei einer sonstigen Leistung (Dienstleistung) sind Umfang und Art der Leistung zu bezeichnen. Die Bezeichnung muss so genau sein, dass die erbrachte Lieferung oder sonstige Leistung eindeutig und leicht nachprüfbar festgestellt werden kann. Es genügen handelsübliche Sammelbezeichnungen wie etwa „Büromöbel“, „Spirituosen“, „Schnittblumen“ oder „Kurzwaren“. Unzureichend sind aber: bei sonstigen Leistungen: allgemeine Leistungsbeschreibungen wie z. B. „für technische Beratung und Kontrolle“, „Fliesenarbeiten“, „Trockenbauarbeiten“ oder „Außenputzarbeiten“; bei Warenlieferungen: Bezeichnungen, die Gruppen unterschiedlicher Gegenstände umfassen, z. B. „unser gesamter Warenbestand“ oder „Geschenkartikel“. Ausreichend ist in diesen Fällen allerdings, wenn sich die erbrachte Leistung aus sonstigen Angaben in der Rechnung oder durch Bezugnahme in der Rechnung auf weitere Geschäftsunterlagen, z. B. einen Rahmenvertrag, konkretisieren lässt. Unterbleibt aber in der Rechnung der Hinweis auf diese Geschäftsunterlagen, können die Geschäftsunterlagen nicht zur Erläuterung der erbrachten Leistung herangezogen werden.
  7. 7. Zeitpunkt der Leistung
    Neben dem Rechnungsdatum (s. Kap. III. 4.) muss die Rechnung auch den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung ausweisen. Dies gilt selbst dann, wenn der Leistungszeitpunkt mit dem Rechnungsdatum identisch ist wie z. B. bei Barrechnungen. Es genügt dann jedoch der Hinweis: „Leistungsdatum entspricht Rechnungsdatum“. Grundsätzlich genügt die Angabe des Monats, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Der Zeitpunkt der Ausführung bestimmt sich nach den folgenden Grundsätzen: Holt der Leistungsempfänger die Ware beim leistenden Unternehmer ab, ist der Zeitpunkt der Übergabe, d. h. der Abholung, maßgeblich.
    Bei einer Versendung oder Beförderung der Ware durch den Lieferer, Abnehmer oder Dritten, z. B. einem Spediteur, ist der Beginn der Versendung oder Beförderung maßgeblich.
    Bei einer sonstigen Leistung (Dienstleistung) ist der Zeitpunkt der Vollendung der sonstigen Leistung entscheidend. Erstreckt sich die sonstige Leistung über mehrere Monate oder Jahre, genügt die Angabe des gesamten Leistungszeitraums, z. B. „1. 1. 2010 bis 31. 12. 2010“. Ein Lieferschein ersetzt nicht die Angabe des Leistungszeitpunkts in der Rechnung. Allerdings kann in der Rechnung auf den Lieferschein ausdrücklich verwiesen werden, wenn aus diesem wiederum der Zeitpunkt der Lieferung ersichtlich ist; das Datum der Ausstellung des Lieferscheins genügt nicht.
  8. 8. Entgelt
    In der Rechnung muss das Entgelt, d. h. der Nettobetrag angegeben werden.
    Sofern einzelne Leistungen unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen oder steuerbefreit sind, muss das Entgelt entsprechend aufgeteilt werden. Bei Skontovereinbarungen genügt eine Angabe wie z. B. „2 % Skonto bei Zahlung bis zum …“. Es ist also nicht erforderlich, dass das Skonto mit seinem Betrag ausgewiesen wird.
    Bei schriftlichen Rabatt- und Bonusvereinbarungen ist es ausreichend, wenn in der Rechnung auf die Rabatt- bzw. Bonusvereinbarung hingewiesen wird, z. B: „Es gilt die Bonusvereinbarung vom …“. Der Unternehmer muss allerdings in der Lage sein, auf Nachfrage diese Vereinbarung ohne Zeitverzögerung vorlegen zu können.
  9. 9. Steuersatz und Steuerbetrag
    Aus der Rechnung müssen sich der Steuersatz (z. B. 19 %) und der Steuerbetrag, also die eigentliche Umsatzsteuer, ergeben. Beispiel: Entgelt 1.000 € zzgl. Umsatzsteuer 19 % 190 €, Gesamtbetrag 1.190 €. Bei einer steuerfreien Leistung muss auf die Steuerbefreiung hingewiesen werden, wobei die entsprechende Gesetzesnorm nicht ausdrücklich genannt werden muss, sondern umgangssprachlich umschrieben werden kann, z. B. „steuerfrei wegen Krankentransport“.
    Vereinfachungen sind bei sog. Kleinbetragsrechnungen möglich, deren Gesamtbetrag 150 € nicht übersteigt, (s. Kap. IV. 1). Sind in einer elektronisch erstellten Rechnung Leistungen mit unterschiedlichen Steuersätzen ausgewiesen, ist der Ausweis des Umsatzsteuerbetrags in einer Summe zulässig, wenn für die einzelnen Leistungen der jeweilige Steuersatz angegeben wird. Dies gilt auch dann, wenn neben umsatzsteuerpflichtigen Leistungen auch umsatzsteuerfreie Umsätze aufgeführt werden.

IV. Besonderheiten

  1. 1. Kleinbetragsrechnungen
    Vereinfachungen sind bei sog. Kleinbetragsrechnungen möglich, deren Gesamtbetrag 150 € nicht übersteigt. Bei ihnen genügen folgende Angaben: der vollständige Name und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers (s. Kap. III. 1.), das Ausstellungsdatum (s. Kap. III. 4.), die Bezeichnung der erbrachten Leistung (s. Kap. III. 6.), das Entgelt und der Umsatzsteuerbetrag in einer Summe sowie der Steuersatz bzw. bei einer Steuerbefreiung der Hinweis auf die Steuerbefreiung, z. B. „umsatzsteuerfrei aufgrund der Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG“ (s. Kap. III. 9.). Diese Vereinfachungen gelten aber nicht bei Versandhandelslieferungen innerhalb des EU-Gemeinschaftssgebiets, bei innergemeinschaftlichen Lieferungen und bei einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers.
  2. 2. Fahrausweise
    Vereinfachungen gibt es auch bei Fahrausweisen. Sie gelten als ordnungsgemäße Rechnung, die zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die folgenden Angaben enthalten sind: der vollständige Name und die vollständige Anschrift des Beförderungsunternehmers (s. Kap. III. 1.), wobei hier eine allgemein übliche Kurzform genügt, die zur Identifizierung geeignet ist (z. B. DB für Deutsche Bahn, BVG in Berlin oder MVV in München) das Ausstellungsdatum (s. Kap. III. 4.), das Entgelt und der Umsatzsteuerbetrag in einer Summe sowie der Steuersatz, wenn die Beförderungsleistung nicht ermäßigt besteuert wird; eine ermäßigte Besteuerung von 7 % gilt nur bei Beförderungen innerhalb einer Gemeinde oder bei einer Beförderungsstrecke von bis zu 50 km. Bei Eisenbahnfahrscheinen kann statt des Steuersatzes die Tarifentfernung angegeben werden. Besonderheiten bestehen bei grenzüberschreitenden Beförderungen, über die wir Sie bei Bedarf gern informieren.
  3. 3. Gutschriften
    Die Vertragspartner können vereinbaren, dass über die Leistung durch eine Gutschrift des Leistungsempfängers abgerechnet wird. Bei der Gutschrift handelt es sich also nicht um eine Korrektur im Sinne einer Stornorechnung aufgrund einer fehlerhaften Lieferung, sondern um eine Rechnung des Leistungsempfängers. Die Gutschrift ist nur dann wirksam, wenn sie dem leistenden Unternehmer übermittelt wird und dieser der Gutschrift nicht widerspricht. Die Gutschrift muss die gleichen Pflichtangaben enthalten wie eine Rechnung des leistenden Unternehmers. Deshalb ist auch die Steuernummer bzw. Umsatzsteueridentifikationsnummer des leistenden Unternehmers anzugeben (Gutschriftempfänger; s. Kap. III. 3.), nicht die des Ausstellers der Gutschrift (Leistungsempfängers). Der leistende Unternehmer muss also seine Steuernummer bzw. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer dem Aussteller der Gutschrift mitteilen. Die Rechnungsnummer (s. Kap. III. 5.) wird jedoch durch den Gutschriftaussteller vergeben.
  4. 4. Verträge über Dauerleistungen als Rechnungen
    Auch Verträge können als Rechnungen anerkannt werden, wenn sie die erforderlichen Pflichtangaben enthalten. Denkbar ist dies z. B. bei einem Wartungs- oder Mietvertrag. In dem Vertrag muss dann auch die Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers angegeben werden. Statt einer fortlaufenden Rechnungsnummer genügt allerdings eine Vertragsnummer, bei einem Mietvertrag also eine Wohnungs- oder Mieternummer. Soweit Angaben fehlen, müssen diese in anderen Unterlagen enthalten sein, auf die im Vertrag hinzuweisen ist. Hinweis Ihres Steuerberaters: Verträge, aufgrund derer monatliche Leistungen erbracht werden (z. B. Miet- oder Wartungsverträge), enthalten zumeist zwar das monatliche Entgelt und die Umsatzsteuer, weisen aber nicht den jeweiligen Leistungszeitraum (z. B. Oktober 2010) aus. Der Vertrag gilt in diesen Fällen nur dann als Rechnung, wenn die monatlichen Zahlungsbelege bzw. Überweisungsträger vorgelegt werden können.
  5. 5. Anzahlungen
    Wird eine Rechnung über eine Anzahlung vor Ausführung der Leistung erstellt, muss sie ebenfalls die Pflichtangaben enthalten. Allerdings ist der Zeitpunkt der (künftigen) Leistung noch nicht anzugeben; stattdessen ist der Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts anzugeben, falls dieser Zeitpunkt feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt. Hier genügt es, den Kalendermonat der Vereinnahmung anzugeben. Außerdem ist in der Rechnung anzugeben, dass die Leistung noch nicht erbracht worden ist.
  6. 6. Organschaften
    Bei einer Organschaft werden Organträger und Organgesellschaften umsatzsteuerlich als ein (gemeinsamer) Unternehmer behandelt. Daher sind Rechnungen innerhalb der Organschaft umsatzsteuerlich nicht erforderlich. Wird trotzdem eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis erstellt, ermöglicht dies keinen Vorsteuerabzug. Hinweis Ihres Steuerberaters: Aus Sicht der Finanzverwaltung ist der Rechnungsaussteller auch nicht verpflichtet, die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen. Hierzu ist allerdings ein Verfahren beim Bundesfinanzhof anhängig, weil das Finanzgericht München entgegen der Finanzverwaltung eine Pflicht zur Abführung der ausgewiesenen Umsatzsteuer bejaht hat.
  7. 7. Reverse Charge (Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers)
    In bestimmten Fällen schuldet der Leistungsempfänger – und nicht der leistende Unternehmer – die Umsatzsteuer. Hierzu gehören etwa Werklieferungen oder sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers, Bauleistungen sowie Leistungen von Gebäude- und Fensterreinigern, sofern diese Leistungen wiederum an Bauleister oder Gebäude- und Fensterreiniger erbracht werden. Der leistende Unternehmer muss eine Rechnung ausstellen, obwohl er die Umsatzsteuer nicht schuldet, und in der Rechnung darauf hinweisen, dass der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist. Der Leistungsempfänger muss dann zwar einerseits die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, kann aber gleichzeitig die Vorsteuer in gleicher Höhe geltend machen. Hinweis Ihres Steuerberaters: Der Vorsteuerabzug ist auch dann möglich, wenn der leistende Unternehmer in seiner Rechnung nicht darauf hinweist, dass der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet.

V. Fehlerhafte Rechnungen und Berichtigung

  1. 1. Folgen fehlerhafter Rechnungen
    Fehlen die Pflichtangaben oder sind sie unrichtig, ist der Vorsteuerabzug grundsätzlich zu versagen (vgl. aber auch Kap. V. 2.). Nach dem Bundesfinanzhof kommt es nicht darauf an, ob der Rechnungsempfänger gutgläubig war und den Fehler erkennen konnte. Die Finanzverwaltung gewährt jedoch den Vorsteuerabzug, wenn in der Rechnung eine falsche Steuernummer oder Umsatzsteueridentifikationsnummer angegeben wurde und der Leistungsempfänger dies nicht erkennen konnte. Hinweis Ihres Steuerberaters: Wird der Vorsteuerabzug wegen fehlerhafter Rechnungsangaben versagt, kann eine Billigkeitsmaßnahme des Finanzamts in Betracht kommen, wenn der Rechnungsempfänger die Fehlerhaftigkeit der Angaben in der Rechnung nicht erkennen konnte. Eine Besonderheit ergibt sich, wenn dem Leistungsempfänger ein überhöhter Umsatzsteuersatz in Rechnung gestellt wird, nämlich 19 % statt – richtigerweise – 7 %. In diesem Fall kann der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer in Höhe von 7 % auf den in der Rechnung ausgewiesenen Nettobetrag als Vorsteuer geltend machen. Beispiel: U stellt dem E für Obst und Gemüse 1.000 € + 19 % Umsatzsteuer = 190 €, zusammen 1.190 €, in Rechnung. Richtig wäre aber ein Umsatzsteuersatz von 7 % und damit eine Umsatzsteuer von 70 €. E kann nun 70 € Vorsteuer abziehen; denn dies ist die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer, die auf den ausgewiesenen Nettobetrag von 1.000 € entfällt. Der Vorsteuerabzug bleibt aber ausgeschlossen, wenn dem Unternehmer zu Unrecht Umsatzsteuer für eine umsatzsteuerfreie oder für eine nicht umsatzsteuerbare Leistung in Rechnung gestellt wird.
  2. 2. Berichtigung
    Eine Rechnung, in der einzelne Pflichtangaben fehlen oder unzutreffend sind, kann berichtigt werden. Die Berichtigung kann entweder durch Ausstellung einer neuen Rechnung erfolgen oder aber in der Weise, dass nur die fehlenden oder unzutreffenden Angaben ergänzt bzw. berichtigt werden. In der Berichtigung muss ein spezifischer und eindeutiger Bezug auf die fehlerhafte Rechnung erfolgen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll in der Berichtigung die fortlaufende Nummer der berichtigten Rechnung angegeben werden; nach dem EuGH ist dies aber nicht erforderlich. Tipp Ihres Steuerberaters: Die Rechnung sollte unmittelbar nach Erhalt daraufhin überprüft werden, ob sie alle erforderlichen Angaben enthält und zutreffend ist. Falls die Rechnung nicht ordnungsgemäß ist, sollte der Rechnungsempfänger umgehend eine Berichtigung verlangen, bevor er die Rechnung bezahlt. Je später die Rechnungsberichtigung in Angriff genommen wird, desto schwieriger wird dies, weil z. B. der leistende Unternehmer seinen Geschäftssitz verlegt hat und nicht mehr auffindbar ist oder in Insolvenz gegangen ist.. Die Berichtigung muss grundsätzlich durch den Rechnungsaussteller vorgenommen werden, nicht durch den Leistungs- und Rechnungsempfänger. Bei Gutschriften erfolgt die Berichtigung allerdings durch den Aussteller der Gutschrift, somit durch den Leistungsempfänger. Die Berichtigung wirkt nach der Rechtsprechung und Auffassung der deutschen Finanzverwaltung nicht auf das ursprüngliche Rechnungsdatum zurück, sondern ermöglicht den Vorsteuerabzug erst im Jahr der Berichtigung. Hierdurch droht eine Verzinsung, wenn das Finanzamt den Vorsteuerabzug Jahre später im Rahmen einer Außenprüfung versagt und erst daraufhin eine Berichtigung der Rechnung veranlasst wird. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem Urteil aus dem Jahr 2010 allerdings eine rückwirkende Berichtigung wohl für zulässig erachtet. Die Finanzverwaltung hat hierauf noch nicht reagiert.

VI. Aufbewahrung von Rechnungen

Der Unternehmer muss die Rechnungen, die er erhalten hat, zehn Jahre lang aufbewahren. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem 31. 12. des Kalenderjahres, in dem die Rechnung ausgestellt wird. Sie verlängert sich, soweit die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, z. B. wegen eines noch laufenden Klageverfahrens. Die Rechnungen müssen während des gesamten Zeitraums lesbar sein. Nachträgliche Änderungen oder Ergänzungen sind nicht zulässig. Hinweis Ihres Steuerberaters: Wird die Rechnung per Telefax übermittelt und auf Thermo-Papier ausgedruckt, besteht die Gefahr, dass die Schrift vor Ablauf der Aufbewahrungsfrist verblasst. Das Telefax sollte daher kopiert werden und die Kopie aufbewahrt werden. Die auf Thermopapier ausgedruckte Rechnung muss dann nicht aufgehoben werden. Die Rechnungen können auch elektronisch gespeichert werden. Es gelten dann besondere Anforderungen an die Lesbarkeit und Einsichtnahme durch die Finanzverwaltung. Ist die Rechnung während des Aufbewahrungszeitraums verloren gegangen oder durch einen Brand vernichtet worden, kommt es nicht zwingend zu einem rückwirkenden Wegfall des Vorsteuerabzugs. Der Unternehmer muss dann aber nachweisen, dass die Rechnung ursprünglich vorgelegen hat. Den Nachweis kann er auf beliebige Weise führen, z. B. durch eine Zweitausfertigung der Rechnung. Hinweis Ihres Steuerberaters: Für Zwecke des Vorsteuerabzugs ist bei elektronisch übermittelten E-Mails auch der Nachweis über die Echtheit und die Unversehrtheit der Daten aufzubewahren; hierzu gehört z. B. die qualifizierte elektronische Signatur. Sowohl die elektronisch übermittelte Rechnung als auch der entsprechende Nachweis sind digital zu speichern. Es genügt nicht, nur den Ausdruck der elektronischen Rechnung aufzubewahren, da dieser nur als Kopie gilt und nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Rechtsstand: 10.12.2015 Alle Informationen und Angaben in diesem Mandanten-Merkblatt haben wir nach bestem Wissen zusammengestellt. Sie erfolgen jedoch ohne Gewähr. Diese Information kann eine individuelle Beratung im Einzelfall ersetzen.

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